Montag, 8. September 2008

Hingabe

Letzten Winter hat mich meine Zahnärztin auf eine Runde Weisheitszähne ziehen eingeladen. Kein Problem, dachte sich mein hartnäckiger Stolz und zwang mich im Wartebereich des Zahnchirurgen Platz zu nehmen.

Es werden unglaubliche Schmerzen auf mich zukommen. Die Menge an Schmerzmitteln , die der Arzt auf den Tisch legte, gaben mir dies zu verstehen.

Die Operation ist vorbei. Zwei Weisheitszähne im Mülleimer und mein Mund noch taub. Ich komme zu Hause an und werfe die Schmerztabletten auf den Tisch. Ich soll sie sofort einnehmen, wenn das Gefühl des Schmerzes aufkommt.

Moment!

Hatte ich schon die Möglichkeit einen unerträglichen Schmerz zu erleben? Noch nie! Was passiert, wenn ich meinen Körper nicht betäube? Ich überlasse den Schmerz meinem Körper.

Liegend schaue ich fern, spüre schon den ersten schmerzhaften Druck auf meinen Unterkiefer. Der saure Schmerz zieht sich langsam vom hinteren Backenzahn bis nach vorn zu den Schneidezähnen. Er verharkt sich an den Zahnwurzeln. Schnürt und zieht an den Nerven. Mir wird schlecht. Ich kann nicht mehr geradeaus schauen. Mein Körper zieht sich unbewusst zusammen und macht sich so klein. Willst du dich verstecken? Ich bekomme Angst. Was für ein Gefühl trifft mich: Beengung? Hilflosigkeit? Hingabe?

Ich halte es nicht mehr aus! Rede mit mir allein. Gott, wann schaltet mein Kopf ab? Lass mich doch endlich den Schmerz spüren und nicht die Angst vor dem Schmerz!

Ich fange an zu lachen und kralle mich unbewusst an meine Beine. Ich sehe dich schon. Die Angst ist überwunden. Mein Schmerz kniet nun vor mir. Ich darf die Augen schließen. Er zieht sich langsam an mir hoch als wäre ich die Leiter zum Ziel. Er beißt sich überall fest um nicht zu fallen. Der Schmerz wird mir zu schwer und zieht mich endlich in den Notausgang. Meine Ohnmacht.

Ich werde es nie wieder tun! Ich werde mich nie wieder bewusst dem Schmerz hingeben. Dennoch bin ich froh es getan zu haben. Mir wurde der Weg gezeigt, den ich gehen muss, um die Schönheit und Reinheit jener Gefühlswelten zu sehen. Ich muss die Angst überwinden den Körper vom Geist zu lösen. Sei es zu tanzen, wie die Musik und nicht der Verstand es zulässt oder sei es zu leiden, wie deine Tränen und nicht dein Stolz es wollen. Du musst dir vertrauen und die Angst als Tür in eine intensivere Gefühlsbahn sehen. Deine Hingabe ist der Weg zu dir Selbst!

Keine Kommentare: