Sonntag, 30. März 2008

Die Perlenkette

Ein Faden, seiden wie dein Gemüt

Sehnt sich nach unvergänglichen Träumen

Wie dein Herzstück, es blüht,

drum lass es nicht säumen.


Eigen findet der Faden seine Perlen

Schimmernd, gerundet, fein

Fest gebunden um nicht herabzufallen

Der seidene Faden stets nicht allein


Sie umgarnt jene Wesen,

welche sie als ihre Perlen eigen nenne

betört um deren Wünsche zu lesen

so wahr sie uns kenne


wie Kostbar du für deine Perlen seiest

so unersetzbar liebst du sie

solch Freiheit wie du atmest

wir lieben dich, oh Jolie

Die Beine baumeln lassen

„Leonce und Lena“ von Georg Büchner wurde in der Berliner Parkaue inszeniert. Das Stück ist eine wunderbare Persiflage über die Lächerlichkeit und Langeweile des Adels.

Von Juliane Herold

Wer ist George Büchner? Ein deutscher aus dem hessischen Goddelau stammender Schriftsteller, dessen Vormärz-revolutionären Werke wie „Woyzeck“ oder „Lenz“ zur Pflichtlektüre in unseren Schulen wurden. An Sympathie gewinnen sie sicherlich nicht immer. Jetzt wurde eines seiner Lustspiele, „Leonce und Lena“, auf die Bühne in der Berliner Parkaue gebracht. Ein Stück, das so anstößig und bizarr für die damalige Zeit ist, so dass es lohnenswert gewesen wäre, die Thematik in den Schulunterricht mit einzubringen.

„Leonce und Lena“ ist eine wunderbare Persiflage über die Lächerlichkeit und Langeweile des Adels, deren einzige Beschäftigung darin besteht, die Beine baumeln zu lassen und der Arbeit aus dem Weg zu gehen. Mit Ironie und Wortwitz lässt George Büchner ausnahmsweise mal die Sau raus. Das Stück stellt den verlebten Prinzen Leonce und die unzufriedene Lena dar, die, ohne um die Identität des anderen zu wissen, verheiratet werden sollen. Sie fliehen vor ihrer Vermählung und verlieben sich unbekannter Weise ineinander in Italien. Der König vom Staat Popo, ein realitätsferner Monarch und zugleich Vater von Leonce, lässt die Hochzeit von seinen devoten Untertanen vorbereiten und wartet inständig auf seinen Sohn, der seit längerer Zeit nicht mehr gegenwärtig ist. Ein maskiertes Paar kommt auf die Trauung und fordert die sofortige Eheschließung. Der schäumende König Peter ist empört über die Abwesenheit seines Sohnes und lässt aus Kränkung die Maskierten vermählen. Gut, dass Leonce und Lena unter den Masken noch nicht wissen, dass sie vor dieser Ehe eigentlich fliehen wollten.

Sascha Bunge, stellvertretender Intendant und Oberspielleiter am Theater an der Parkaue, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen zu bewegen, um sich das Stück „Leonce und Lena“ zu Gemüte zu führen - auf moderne Art und Weise.

Auf einer traditionellen Rahmenbühne verwandelt Bühnenbildnerin Angelika Wedde die Kulisse schlicht zu einer Drehbühne mit einer in die Mitte gestellten, hohen und neon beleuchteten Wand. Keine liebevoll ausgearbeiteten Details sind hier zu sehen, keine statischen Wunder zerren das Bühnenbild. Nicht ohne Grund: Die Einfachheit und scheinbare Unkreativität spiegelt das eintönige Leben eines jeden Adels wider. Das Lustspiel „Leonce und Lena“ baut darauf auf, dass die Klassenschicht des Adels nicht mehr als die pure Langeweile darstellt und der Adel in Person an seiner monotonen Lebenslage im Grunde genommen keinen Gefallen findet.

Leonce (gespielt von Stefan Faupel) und Valerio (gespielt von Peter Priegann) stellen deutlich die Charaktere des Stücks dar. Dennoch wirkt Leonce aggressiv und sein Erscheinungsbild ähnelt dem eines Hooligans. Ob Regisseur Bunge das Gewaltpotential eines jeden gelangweilten Menschen herauskristallisieren wollte oder die Kostümbildnerin Constanze Zimmermann eine Glatze als etwas sehr männliches ansah und somit für Leonce passend erschien? Es gibt nur sehr wenige Abweichungen vom Originaltext. Dessen ungeachtet wird der gesprochene Text teilweise bewusst wiederholt, um wieder der Monotonie und Eintönigkeit vom Leben eines Adels auszudrücken.

Augenscheinlich hat Kostümbildnerin Constanze Zimmermann für jeden Charakter ein Kostüm zurecht geschneidert. Gemeinsam haben sie aber alle, dass die Oberteile elegant wirken, wie es im Auge eines Adels recht scheint. Das Unterteil ist eine Jogginghose, die die Lethargie eines „Sessellümmlers“ gut widerspiegelt. In bestimmten Szenen wird das Neonlicht dann teilweise derart hochgedreht, dass die Körper der Schauspieler nur noch als Silhouetten festzuhalten sind. Somit kommt der Eindruck auf, dass die Silhouetten den vorher schon kennenden Charakter zu einer anonymen, neutralen Figur drehen und folglich jeder Person dieses Schattenbild sein könnte. Die Masse wird versinnbildlicht, die Masse des Adels. Der Regisseur versuchte daher die Grundidee des ursprünglichen Stücks auf der Bühne auch zu verallgemeinern.

Die anderen Charaktere wirken sehr schwach in ihrer Darstellung. Wo der König Peter (gespielt von Manfred Struck) noch ein Taschentuch in den Mund nimmt um die Unsicherheit und Naivität des Charakters darzustellen, treten Lena (gespielt von Katrin Heinrich) und die Gouvernante (Birgit Berthold) vergleichsweise persönlichkeitslos auf. Zwar wurden diese Figuren im Originalstück von George Büchner nicht stark charakterisiert, gleichwohl besteht die Aufgabe einer jeden Inszenierung, die Intentionen des Autors mit äußeren Mitteln zu ergänzen. Was bei der Figur Leonce und vor allem bei Valerio gut umgesetzt wurde, verschwand dann bei den Figuren Lena, die Gouvernante und dem König Peter fast vollkommen.

Letztendlich ist diese teilweise gelungene Inszenierung ein gutes Mittel, um Schulklassen, Jugendlichen und auch Erwachsenen das nötige Verständnis des Stücks näher zu bringen. Vor allem, weil dieses Bühnenwerk auch gut in unsere Zeit passen würde.